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Aus den Magazinen des Landesarchivs (April 2021)

Ankunft Johann Gottfried Herders in Bückeburg 1771 (NLA BU F 1 A XXXV 18 Nr. 96)


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Als der 26-jährige Theologe Johann Gottfried Herder am 24. August 1770 an den Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe schrieb, da hielt er sich vorbildlich an die formalen Bedingungen des Briefschreibens seiner Zeit: Ein großer „Devotionalabstand“ trennte den Beginn seines Textes von der ehrfürchtigen Anrede des weit ranghöheren Reichsgrafen. Der Inhalt jedoch war ungewöhnlich.

Graf Wilhelm hatte als ehrgeiziger Regent des kleinen Schaumburg-Lippe an Herder schreiben lassen, zuletzt gar selber geschrieben, weil er ihn als vielversprechenden Denker und jungen Kopf gerne an seinen Hof ziehen wollte. Graf Wilhelm selbst schrieb an Herder von seinem „Verlangen eines der ersten Genies Deutschlands zu sehen“. Herder aber, der zu jener Zeit als Privatlehrer auf Reisen war, zierte sich, das durchaus lukrative Angebot aus dem winzig kleinen Bückeburg anzunehmen. In seinem Antwortschreiben schmeichelt er zwar Wilhelm als einem „außerordentlichen, einsehenden, durchdringenden, aufmunternden Herren“, nennt ihn einen „Apollo Deutschlands“ und freut sich auf den „begeisternden Umgang eines großen Mannes“, macht aber zugleich Bedingungen. Er will erst noch seine Reise zu Ende führen und er bittet noch vor Antritt seiner Stelle darum, später Urlaub für eine ausgiebige Italienreise zu bekommen.

Derlei Vorbedingungen hielten aber Graf Wilhelm nicht vorm Warten ab. Im Mai 1771, vor 250 Jahren, war es schließlich so weit: Herder kam in Bückeburg an und wurde Oberprediger, Konsistorialrat und 1775 auch Superintendent in Bückeburg. Zwar verstand er sich mit Graf Wilhelm nicht so gut, wie es letzterer erhoffte, und er klagte in seinen Briefen anrührend über die Provinzialität Bückeburgs, dennoch verbrachte er fünf produktive Jahre in Bückeburg, bevor er Goethes Ruf nach Weimar folgte.

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