Das Niedersächsische Landesarchiv und seine Bestände
In dieser Reihe sind bislang drei Titel erschienen. Sie sind mit Ausnahme des Inventarbandes zu den Akten des Wismarer Tribunals (siehe unten) erhältlich bei der Hahnschen Buchhandlung.
Gemäß den Bestimmungen des Osnabrücker Friedensvertrages von 1648 errichtete Schweden für seine neu erworbenen Reichslehen ein eigenes höchstes Gericht, das Tribunal zu Wismar. Als Oberappellationsgericht trat das Wismarer Tribunal an die Stelle des Reichskammergerichts und des Reichshofrats und besaß damit für die deutschen Provinzen der schwedischen Krone eine gleichermaßen herausragende Bedeutung. Für die Herzogtümer Bremen und Verden war das Tribunal von seiner Gründung 1653 bis zum Erwerb der Reichsterritorien durch das Kurfürstentum Hannover 1715 zuständig. Die Prozessakten werden durch dieses umfangreiche Inventar erstmals ausführlich erschlossen und somit einem breiten Publikum zugänglich gemacht.
Der Bestand bietet eine immense Fülle an authentischen Informationen zur Rechtsgeschichte, zur Geschichte der schwedischen Großmacht, zu politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Fragestellungen sowie zur Orts-, Personen- und Heimatgeschichte des Elbe-Weser-Raums. Er gewährt intensive Einblicke in die Beziehungen zwischen der Stockholmer Zentrale und der nordwestdeutschen Provinz, in die bremische und verdische Ständegeschichte, insbesondere die Adelsgeschichte, in die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Städte Buxtehude, Stade und Verden und in die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bauern. Damit werden grundlegende Lebenssachverhalte der Frühen Neuzeit erfasst, zu denen in anderen Archivbeständen aus dieser Zeit allenfalls ausnahmsweise überhaupt einmal ein Nachweis überliefert ist.
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Im Herbst 2004 erschien der erste von Margarete Sturm-Heumann bearbeitete Band der Eheberedungen des Amts Stadthagen (1582-1642), 2007 der zweite Band (1648-1711), nun legt die Bearbeiterin bereits den dritten Band vor. Das Konzept der Bände, beim zweiten lediglich um einen Sachindex erweitert, wird auch im dritten Band beibehalten. Er enthält für den Zeitraum 1712 bis 1740 1640 Regesten. Es zeigt sich in der für einen kurzen Zeitraum hohen Zahl die zunehmende Dichte der Überlieferung.
Band 1 und 2 erschienen in der Reihe Inventare und kleine Schriften des Staatsarchivs Bückeburg.
Das von 1495 bis 1806 bestehende Reichskammergericht war neben dem Reichshofrat eines der beiden höchsten Gerichte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und besaß als solches größte Bedeutung für die Rechtsprechung der Frühen Neuzeit. Die zum überwiegenden Teil erhalten gebliebenen Prozessakten des Reichskammergerichts, die im 19. Jahrhundert auf die einzelnen Staaten des Deutschen Bundes aufgeteilt wurden und so in die Archive der deutschen Länder gelangten, besitzen ausgesprochen hohen Quellenwert – nicht nur für die Rechtsgeschichte, sondern auch für die übrigen historischen Disziplinen bis hin zur Alltags- und Familienforschung. Denn vor dem Reichskammergericht fanden Konflikte aus allen Lebensbereichen ihren Niederschlag, soweit sie einer rechtlichen Regelung unterlagen. So spiegeln sich die bedeutenden politischen und militärischen Ereignisse einer Region in den Prozessakten ebenso wider wie die tiefgreifenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Veränderungen vom späten 15. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert. Auf der Ebene der eingebrachten Beweise reicht die Bedeutung der Prozessakten zum Teil – etwa dort, wo sie Abschriften mittelalterlicher Urkunden enthalten – sogar weit über die Frühe Neuzeit hinaus.
Die Reichskammergerichtsakten des Hochstifts Hildesheim und der benachbarten südniedersächsischen Territorien werden durch das ausführliche Inventar erstmals einem größeren Publikum zugänglich gemacht. Das Inventar erschließt mit 2164 Prozessen den größten Teil der im NLA – Hauptstaatsarchiv Hannover – überlieferten Prozessakten des Reichskammergerichts.