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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Januar 2024)
"Denkschrift zur Förderung der Verteidigungskunst" - Militärisch-politisches Hauptwerk des Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe (1724-1777) (NLA BU F1 A XXXV 18 Nr. 33)
„Mémoire pour servir à l´art militaire défensif”, so lautet der Titel des militärisch-politischen Hauptwerkes des Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe (1724-1777), „Denkschrift zur Förderung der Verteidigungskunst“. Diese Konzentration einer Militärtheorie auf die Kunst der Verteidigung ist für die Zeit außergewöhnlich und die Quintessenz der Militärkarriere des Grafen, dessen Geburt sich jetzt zum 300. Male jährt.
Graf Wilhelm trat 1748 die Regentschaft in Schaumburg-Lippe an, seine Regierungszeit ist von typisch aufklärerischen Agrarreformen und Bildungsförderung geprägt. Ein Schwerpunkt seiner Interessen war aber der Aufbau einer starken Armee und bekannt wurde er durch seine Mitwirkung als Kommandeur im Siebenjährigen Krieg. Er befehligte in der nordwestdeutschen Koalitionsarmee die Artillerie und hatte wesentlichen Anteil am Sieg über die Franzosen in der Schlacht von Minden 1759. 1762 wurde er zum Befehlshaber einer portugiesisch-englischen Armee berufen, und verteidigte Portugal wider alle Wahrscheinlichkeit erfolgreich gegen einen spanischen Angriff. Anschließend reformierte er die portugiesische Armee.
Seine Erfahrungen führten ihn zur für seinen Stand durchaus ungewöhnlichen Erkenntnis, dass der Krieg die schädlichsten Leidenschaften des Menschen fördere und den Fortschritt hindere wie nichts anderes. Diese Gedanken waren wesentliche Motive für seine Schrift über die Verteidigungskunst, die er so stärken wollte, dass der Krieg dadurch unmöglich wird.
Die taktischen und technischen Überlegungen des Grafen haben sich inzwischen durch die Entwicklung der Waffentechnik überholt, geblieben ist aber der für die damalige Epoche konsequente Gedanke, den Krieg durch die Förderung einer übermächtigen Verteidigung unmöglich zu machen, also eine eigentliche Abschreckungsstrategie.