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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Juli 2020)

Kriegsende und Wiederaufbau – ein Aufruf des Regierungspräsidenten in Aurich vom Juli 1945 (NLA AU Rep. 246 Nr. 61)


Bildrechte: NLA
In Ostfriesland werden vor allem zwei Ereignisse mit dem Zweiten Weltkrieg in Verbindung gebracht: der tragische Bombenangriff auf die Stadt Esens am 27. September 1943, bei dem über hundert Schulkinder umgekommen waren und das mehrfache Flächenbombardement der Seehafenstadt Emden. Mit den Bombenabwürfen waren die Schrecken des Weltkrieges auch in Ostfriesland unmittelbar zu spüren gewesen. Da stellte der Vorstoß kanadischer und britischer Truppenverbände Ende April 1945 auf ostfriesisches Gebiet nur den Schlusspunkt eines vollständig verlorenen Krieges dar.

Mit dem Ende des „Dritten Reiches“ ging die öffentliche Gewalt in Nordwestdeutschland, und damit auch in Ostfriesland, auf die britische Besatzungsmacht über. Eine „Stunde Null“, wie vielfach kolportiert, hat es allerdings nicht gegeben. Gerade die Briten, die das Prinzip des „indirect rule“ verfolgten, waren in ihrer Besatzungszone an einem Fortbestand der bisherigen Verwaltungsstrukturen interessiert.

In Ostfriesland fiel dabei dem Amt des Regierungspräsidenten eine Schlüsselrolle zu, da er das Verbindungsglied zwischen der lokalen Verwaltung und der Militärregierung bilden sollte. Die Briten versahen den Rechtsanwalt Mimke Berghaus mit diesem Posten. Berghaus war während des „Dritten Reiches“ mit einem Berufsverbot belegt worden und ist nach dem Hitler-Attentat mehrere Wochen lang im KZ Oranienburg-Sachsenhausen inhaftiert gewesen. Darüber hinaus – und dies dürfte der entscheidende Grund für seine Ernennung gewesen sein – handelte es sich bei ihm um den Sohn des früheren und noch immer äußerst populären Auricher Regierungspräsidenten Jann Berghaus, der 1932 im Zuge des sogenannten Preußenschlages seinen Posten hatte räumen müssen.

Insbesondere den Wiederaufbau hatte Mimke Berghaus zu seiner Hauptaufgabe erkoren. Bereits einen Tag nach seiner Ernennung zum Regierungspräsidenten am 10. Juli 1945 wandte er sich mit einem Plakat an die ostfriesische Bevölkerung. In diesem Aufruf versuchte er jeden Einzelnen „mit der festen Zuversicht auf eine bessere Zukunft“ für den notwendigen Wiederaufbau zu gewinnen. Alle sollten daran mitarbeiten, den Schutt des Trümmerfeldes, den das nationalsozialistische Regime hinterlassen hatte, zu beseitigen. Es zeichnet Berghaus aus, dass er dabei nicht nur die zerstörten Bauten, wie z.B. in Emden, im Blick hatte, sondern auch den durch das NS-Regime verursachten moralischen Verfall.


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