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Aus den Magazinen des Landesarchivs (September 2023)

Papsturkunde, in der dem Betagten Abt Ulrich Pfründen für den Lebensabend zugesichert werden (1419) (NLA HA, Celle Or. 100 Lüneburg St. Michael Nr. 700)


 

Der Abt eines Benediktinerklosters nimmt in der Mönchsgemeinschaft die Stelle Christi ein. Dieser höchste Anspruch an Amt und Person ist in der Regel des Hl. Benedikt von Nursia (ca. 480-547) formuliert, in der zudem die Modalitäten der Amtsübernahme geregelt sind. Regelungen, die das Ablegen dieses Amtes betreffen, sind dagegen nicht erwähnt – üblicherweise entscheidet darüber der Tod des Abtes. Was passiert jedoch, wenn die Lebens- und Klosterrealitäten Äbte zur Überzeugung kommen lassen, dieses hohe Amt niederzulegen? Wie lässt sich begründen, dass man die Stelle Christi in der Klostergemeinschaft nicht mehr auszufüllen vermag? Und wie gestaltet man dann seinen Lebensabend?

Ein eindrückliches Beispiel eines solchen Falles ist in der vorliegenden Littera von Papst Martin V. (1417-1431) vom 24. Januar 1419 zu greifen, die uns zu einem der bedeutendsten Klöster Norddeutschlands führt, und zwar zu den Benediktinern der Abtei St. Michaelis in Lüneburg. Dort war der 1384 durch päpstliche Ernennung eingesetzte Abt Ulrich von Berfeld nach rund dreieinhalb Jahrzehnten an der Spitze des Konventes zur Überzeugung gelangt, abdanken zu wollen. Aus der hier vorgestellten päpstlichen Bulle geht hervor, dass der 80jährige Abt Ulrich als zentralen Grund dafür sein hohes Alter und die damit verbundene Mühe bei der Ausführung dieses Amtes angeführt hat. Damit bietet diese Nachricht wichtige Einblicke sowohl in den Umgang mit Alter und körperlicher Gebrechlichkeit im mittelalterlichen Klosterleben als auch in die Ausgestaltung des Lebensabends eines emeritierten Abtes, denn der Papst reserviert verschiedene Güter für Abt Ulrich als dessen Pension. Dazu zählen ein Hof in Grünhagen (Landkreis Lüneburg), weiterhin Salzgüter der Saline in Lüneburg und ein regelmäßiges Einkommen. Mit Blick auf die nicht geringen Einnahmen dieser Güter zeigt sich darin auch der Anspruch zurückgetretener Inhaber von Leitungsämtern auf eine standesgemäße Versorgung und Lebensführung.

Und schließlich weist diese päpstliche Littera – hier handelt es sich um eine Originalbulle der päpstlichen Kanzlei, auf der neben dem gut erhaltenen Text und dem Bleisiegel auch die einzelnen Vermerke der Kanzleimitarbeiter noch zu erkennen sind – auch auf die Beziehungen zwischen Norddeutschland und der päpstlichen Kurie, wobei hervorzuheben ist, dass der Anstoß für eine päpstliche Entscheidung in der Regel von den Interessenten vor Ort ausging.

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