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Aus den Magazinen des Landesarchivs (März 2023)

Die Professionsbücher der Ritterschaft des Herzogtums Bremen (1694, NLA ST ARL 02 Nr. 356 und Nr. 362)


 

Die Ritterschaft des Herzogtums Bremen ist ein Zusammenschluss der adeligen Grundbesitzer im vorbenannten historischen Gebiet. Aus einer Urkunde des Jahres 1397 geht hervor, dass sich erstmals die Ritterschaft, die Vertreter der Städte (Bremen, Stade, Buxtehude und Wildeshausen) und der Landgemeinden des Erzstiftes sowie der Erzbischof Otto II. von Bremen treffen, um sich wechselseitig den Schutz ihrer Rechte zu versprechen. Ausdrücklich versprach insbesondere der Erzbischof den genannten Gruppen, ihre Rechte, Freiheiten und Privilegien zu bewahren und zu schützen. (200 Jahre Erste Allgemeine Ständeversammlung : von Landschaften und Landschaftsverbänden; Hannover, 2014) In einer zweiten Urkunde legten die Vertragspartner fest, wer im Konflikts- oder Kriegsfall wie viele Bewaffnete zu stellen hatte – der Erzbischof 30, das Bremer Domkapitel 7, die Ritterschaft und die Marschländer zusammen 159, die Städte Bremen, Stade und Buxtehude zusammen 68. (Ebd.) Die Zahlen belegen, welche Macht allein der Ritterschaft zukam. Durch den im Zuge der Reformation wegfallenden Stand der Geistlichkeit und dadurch, dass die Stadt Bremen Reichsfreiheit erhielt und ebenfalls aus dem Bündnis ausschied, stieg die Ritterschaft als 1. Kurie zur dominanten Einheit der Landschaft auf. Da die wichtige Aufgabe der Steuerverwaltung in den Händen der Landstände lag, konnte die Landschaft nach und nach ihre Privilegien ausbauen. Die Tagungen der Landstände glichen eher Gerichtstagen, an denen für das ganze Land wichtige Entscheidungen getroffen wurden. Der Präsident der Ritterschaft war der geborene Präsident der Landschaft. Durch die große Zahl der in der 1. Kurie vertretenen Rittergutsbesitzer hatte diese Gruppe erheblichen politischen Einfluss.

Für die Ritterschaft war es wichtig festzustellen, wer ein Rittertags- und Landtagsfähiges Gut besaß, da sich daran auch die Mitbestimmung im Landtag und beim Rittertag knüpfte. Hatte man sich lange Zeit mit sogenannten Rossdienstrollen begnügt, die darüber Auskunft gaben, welcher Gutsbesitzer welchen Beitrag zur Landesverteidigung beitragen sollte (etwa 1 Pferd samt Reiter und Bewaffnung). Je größer das Gut, desto höher der Beitrag. Mit Aufkommen der Schusswaffen wurde der dingliche Rossdienst durch einen Geldbetrag ersetzt. Er wurde auf 24 Nagel je Pferd (6 Nägel je Hufe) als Rechnungseinheit festgelegt. Pro Nagel wurde ein bestimmter Geldwert festgelegt. Entsprechend hoch oder niedrig wurde die zu zahlende Summe festgelegt, gemessen an den Einkünften aus der Gutswirtschaft.

Um über die Wirtschaftskraft der Güter genauere Information zu erhalten, wurden sodann alle Gutsbesitzer aufgefordert, alle ihre Güter genauestens zu beschreiben. Im Rittertagsprotokoll vom 12./13. Juni 1692 heißt es wörtlich:


 
 

Da dann nach reifer Überlegung endlich beliebet ward, dass ein jeder denuo alle seine Güter Specifice designieren und á dato binnen 10 Wochen , als vor Bartholomai, bei dem Secretario in Stade einbringen sollte und zwar solcher Gestalt, dass es Stück für Stück mit Benennung des Ortes wo es belegen, auch des Ertrages und also tam quad quantitatem quam quatitatem specificiert und designiert würde, mit diesem Anhange, dass diejenigen, so diesem Concluso nicht geleben und ihr Güter in beregten 10 Wochen gar nicht profitiren und einsenden, sollten in 50 Rthl., die aber so selbige nicht richtig in quantität á qualität denen Conclusis zufolge angeben, würden in 25 Rthl. f. loco poena neben Erstattung aller der Kosten, so die erfolgende Spezialinquisition und Untersuchung erfordern möchten, verfallen sein sollten, wobei ferner beliebet worden, dass ein jeder dabei anzeigen solle, was seines Wissens von seine Gütern, und an wen auch zu welcher Zeit alinieret sei, im gleichen, daferne sich einige Meyer freigekauft hätten, welcher Schluß der Königlichen Regierung in diensahmen Terminus vorzustellen und die bei denselben eingebrachte Professiones zurückzufordern wären.

Tatsächlich entstanden die hier vorgestellten Professionsbücher erst im Jahre 1694.

Zunächst wird das Gut mit dem zeitigen Besitzer genannt, auf das sich die Angaben beziehen. Dann werden die Ländereien aufgeführt, die zum Gut gehören. Dabei erfahren wir etwas über die Lage und Größe der Ländereien und auch zur Qualität und wieviel sie dem Gut jährlich einbringen.

Als nächstes werden die Meier- und Kathstellen aufgeführt. Zwar werden die Meier nicht alle namentlich genannt, aber summarisch in den einzelnen Ortschaften aufgeführt und welchen Ertrag sie für die Gutsherrschaft bringen. Dabei erstaunt, wie weit entfernt die Meierstellen teils vom eigentlichen Gutshof liegen. Ggf. werden Angaben zu Beteiligungen oder Besitz von Mühlen und Fähren gemacht. Nicht zu vergessen sind eventuelle Einnahmen aus der Forstwirtschaft und Bruchstrafen. Schließlich werden in Abzug gebracht etwaige Lasten, wie zum Beispiel für Deich- und Sielbau.

Ist das ganze abschließend bewertet, ergibt sich eine Gesamtsumme als jährliche Einkunft, aus der sich die Höhe des Rossdienstes berechnen lässt. Im Professionsbuch wird fortgeschrieben, welche Ländereien angekauft oder verkauft wurden. Teilweise sind die Kaufverträge in Abschrift überliefert.

Insgesamt ergibt sich aus den Professionsbüchern ein hervorragender Überblick über die finanzielle Situation des Landadels an der Schwelle zum 18. Jahrhundert.

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