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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Januar 2012)

Ausschreibung von Zaunmaterial für das Konzentrationslager Esterwegen, 8. Juli 1933 (Staatsarchiv Osnabrück, Rep. 675 Mep Nr. 1035)


StA Osnabrück, Rep 625 Mep Nr. 1035  

Nach der Machtübernahme am 30. Januar 1933 gingen die Nationalsozialisten in kurzer Zeit mit großer Härte gegen politische Gegner vor. Die sogenannte Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar lieferte die Handhabe für die Errichtung des Einparteienstaates im Reich und in den Ländern sowie für willkürliche Inhaftierungen auf unbestimmte Zeit. In Preußen sollten die „Schutzhäftlinge“ in Lagern im Emsland konzentriert werden und Zwangsarbeit bei der Moorkultivierung leisten. Im September 1933 litten bereits rund 4.000 Häftlinge in den Lagern Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum.

Das nationalsozialistische Lagersystem wurde nach komplizierteren Anfängen bald maßgeblich durch Himmlers SS und Gestapo aufgebaut, doch wichtige Zuarbeiten leisteten auch regionale staatliche Behörden. Das Preußische Kulturbauamt Meppen war seit den 1920er Jahren mit zuständig für die Entwässerung und Melioration der Moorgebiete – nun befasste es sich auch mit der Logistik (Strom- und Wasserversorgung) für die Emslandlager. Am 8. Juli 1933 ließ der „Kulturbaubeamte“ außerdem die Lieferung von Stacheldraht, Schlaufen und Pfählen in vier regionalen Zeitungen ausschreiben. Daraufhin gingen 23 Angebote ein, den Zuschlag erhielten örtliche Lieferanten aus Meppen, Lathen und Werlte. In den Aufträgen wurde darauf hingewiesen, dass die Lieferung unbedingt am 18. Juli beginnen müsse. Mitte August war das Konzentrationslager Esterwegen als Doppellager mit Platz für 2.000 Gefangene weitgehend fertiggestellt.

Der Schriftwechsel über die Auftragsvergabe gelangte in die Handakten des Meppener „Kulturbaubeamten“. Zwar waren die Schreiben für die Behörde nur von vorübergehender Bedeutung, doch zum Glück für die historische Forschung überdauerte die Akte dort viele Jahrzehnte und konnte 1982 vom damaligen Wasserwirtschaftsamt Meppen in das Staatsarchiv Osnabrück übernommen werden, wo sie nun auf Dauer verwahrt bleibt und zugänglich ist. Äußerlich unscheinbar, zeigt das Dokument beispielhaft, wie die deutsche Bürokratie mit ihren eingespielten, scheinbar sachlichen Verfahren beim Aufbau eines Unrechtsstaates mitwirkte. Seit November 2011 erinnert die Gedenkstätte Esterwegen an sämtliche 15 Konzentrations-, Strafgefangenen- und Kriegsgefangenenlager im Emsland.

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