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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Dezember 2012)

Urkunde (Hanfschnurbrief) Papst Martins V. für das Augustinerstift Egestorf (1426) (Staatsarchiv Bückeburg, Orig. 20 Nr. 29)


StA Bückeburg, Orig. 20 Nr. 29  

Das Augustinerinnenstift Egestorf wurde vermutlich 1298 mit Unterstützung Bischof Ludolfs von Minden und Graf Adolfs VI. von Holstein-Schaumburg auf dem Gebiet des heutigen Friedrichsburg (Landkreis Hameln-Pyrmont, vor der Kreisreform Grafschaft Schaumburg) gegründet. An der Spitze des Konvents stand eine Priorin, die ebenso wie der Stiftspropst vom Konvent gewählt wurde. Die geistliche Aufsicht oblag dem Mindener Bischof.

Am 6. Juni 1426 (VIII Idus Junii pontificatus nostri anno nono) beauftragte Papst Martin V. (Martinus episcopus, servus servorum Dei) mit dieser Urkunde auf Bitten des Egestorfer Konvents (monasterii in Esekestorpe ordinis sancti Augustini) Bischof Wulbrand von Minden (episcopo Mindensi) mit der Untersuchung von Besitzstörungen des Stifts durch bewaffnete Räuber und mit einer Entscheidung über das Gesuch der Chorfrauen, das Stift von Egestorf nach Hemeringen im besser erschlossenen Wesertal an die dortige Pfarrkirche verlegen zu dürfen (conventus…ad parrochiam parrochialis ecclesie in Hammeringen transferretur). Der Hemeringer Pfarrer Johannes Volmersen war bereit, auf seine Pfarrstelle und die damit verbundenen Einnahmen zugunsten des Stifts zu verzichten (Johannes Volmersen rector dicte ecclesie…resignare proponat). Als Auflage für die Eingliederung der Pfarrei in das Stift sollte der Konvent einen Seelsorger für die Hemeringer anstellen.

Das Anliegen der Chorfrauen war erfolgreich, 1427 inkorporierte Bischof Wulbrand die Pfarrkirche in Hemeringen dem Stift, das dorthin verlegt wurde. Nach 1468 kehrten die Augustinerinnen allerdings auf Druck der Holstein-Schaumburger Grafen nach Egestorf zurück. Ein verheerender Brand zerstörte das Stift 1555, danach war der Konvent wirtschaftlich nicht mehr in der Lage, die Schäden zu beheben und so wurde das Stift 1559 durch Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg aufgehoben. Der verbliebene Stiftsbesitz diente dem Aufbau einer Domäne mit der 1621 die Universität Rinteln ausgestattet wurde.

Bei der Papsturkunde handelt es sich um einen Hanfschnurbrief, eine typische Urkundenform der päpstlichen Kanzlei für die Erteilung konkreter Aufträge. Kennzeichen sind u.a. das Querformat, die geschwärzte Initiale, ein bestimmtes Protokoll mit Nennung des Ausstellers, des Adressaten und der Grußformel salutem et apostolicam benedictionem sowie – namensgebend – die Hanfschnur zur Befestigung der Bleibulle. Erkennbar sind an dieser Urkunde auch die Folgen unsachgemäßer Lagerung in der Vergangenheit: Durch Feuchtigkeit und anschließenden Pilzbefall entstanden bleibende dunkle Flecken.

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