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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Mai 2019)

Chiffrierscheibe des Fürstenhauses in Ostfriesland (1731) (NLA AU Rep. 241 Msc Nr. E 16)


 

Seit altersher bediente man sich der Krypthographie, um bedeutsame militärische oder diplomatische Nachrichten zu verschlüsseln, damit nur der intendierte Empfänger in der Lage war, die Mitteilung zu lesen. Die ersten Geheimschriften sollen dabei bereits im alten Ägypten um 3000 v.Chr. verwendet worden sein.

Auch ein vergleichsweise unbedeutendes und am Rand des Heiligen Römischen Reiches liegendes Fürstentum wie Ostfriesland benutzte das Hilfsmittel der Kryptographie insbesondere, um den diplomatischen Schriftverkehr zu verschlüsseln. Dabei hatte Ostfriesland erst spät Ansätze zu einem ständigen Gesandtschaftswesen entwickelt. Erst unter der Regentschaft Georg Albrechts, der von 1708 bis 1734 regierte, erhielt das diplomatische Korps eine beachtliche Aufwertung. Nicht nur wurden die bisher eingesetzten Agenten und Korrespondenten durch Geheime Räte ersetzt, sondern beim Reichstag in Regensburg und am Kaiserhof in Wien wurden ständige Gesandtschaften eingerichtet.

Die vollständig überlieferten Akten der beiden ostfriesischen Gesandten Joachim von Brawe und Georg Joachim von Brawe in Wien geben Aufschluss, wie intensiv in der diplomatischen Korrespondenz zwischen Aurich und Wien auf die Nutzung von Geheimschriften und Verschlüsselungstechniken zurückgegriffen wurde. Bereits bei Einrichtung der Gesandtschaft war von Brawe eine Nomenklatur mit 45 Namen übergeben worden, um – wie es hieß – mit „solchen Zahlen ohne ‚Benennung der Personen“ eine sichere Korrespondenz führen zu können. Bis 1731 war die Chiffre-Tabelle auf 96 Positionen angewachsen. Darin wurden nicht nur Personennamen, sondern auch häufig vorkommende Amts- oder Gebietsbezeichnungen oder sonstige Begriffe, z.B. dänischer Gesandter, holländische Garnison, Preußen, Renitenten, mit zwei- bis vierstelligen Ziffern belegt.

Da diese eher simple Verschlüsselungstechnik nur funktionierte, so lange man aus dem inhaltlichen Kontext keine Rückschlüsse auf die Personen oder verwendeten Begrifflichkeiten ziehen konnte, wurde in Aurich für noch geheimere Schriftstücke eine tiefergehende Chiffrierung genutzt, in der Buchstabe für Buchstabe verschlüsselt wurde. Zur Dechriffrierung stand eine eigens hergestellte Chiffrierscheibe aus Elfenbein zur Verfügung, die nach dem Tod des letzten ostfriesischen Fürsten in einer Schreibtischschublade entdeckt worden ist und bis heute erhalten blieb.


 
Chiffrierscheibe aus Elfenbein, Dauerleihgabe an das Historische Museum Aurich, HMA-01443-1-4 (Foto: Peter Marx)
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