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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Juni 2019)

Oldenburgs Freistaats-Verfassung vom 17. Juni 1919 (NLA OL Best. 39 Nr. 15206)


 

Die Revolution von 1918 verhalf dem bis dahin noch unvollständigen Parlamentarismus in Deutschland zum vollen Sieg: er war durch die Weimarer Verfassung für das Reich als Ganzes wie für die Länder zwingend vorgeschrieben. Trotz Revolution auch in Oldenburg war der dortige Landtag nicht aufgelöst worden, was zeigt, dass hiesigen Orts die Revolution gemäßigter als anderswo ablief. Der Landtag arbeitete weiter bis zur Wahl einer verfassunggebenden Landesversammlung am 23.2.1919. Diese legte nach einem Vierteljahr den Entwurf einer Verfassung für den „Freistaat Oldenburg“ vor. Sie beinhaltete auch die Möglichkeit von Volksabstimmungen; singuläre Besonderheit in ihr aber war: die Regierung hatte das Recht zur Auflösung des Parlaments im Fall fehlenden Vertrauens (§ 40), anders gesagt: trotz eines Misstrauensvotums musste eine Regierung nicht unbedingt zurücktreten, sondern konnte mit Parlamentsauflösung reagieren. Die oldenburgische Verfassung war damit die einzige deutsche Verfassung der Weimarer Zeit, die im Kräfteverhältnis von Parlament und Regierung der Regierung ein Übergewicht gab. Auch die Bestimmung, nach der Gesetze nur in Übereinstimmung von Landtag und Regierung erlassen werden konnten (§ 34), sicherte der Regierung eine starke Stellung.

Diese Verfassung wurde am 17. Juni 1919 ohne weitere Aussprache und nach nur kleinen Textkorrekturen aus rein sprachlichen Gründen angenommen und trat mit Annahme sofort in Kraft. Die Oldenburger Verfassung ging damit denjenigen von Preußen (30.11.1920), Braunschweig (22.12.1921) und Schaumburg-Lippe (24.2.1922) zeitlich voraus. Der erste Landtag ging jedoch nicht aus einer Wahl hervor, sondern durch Beschluss vom 18. Juni aus der verfassunggebenden Landesversammlung selbst (der Landtag definierte den Beginn der Wahlperiode als mit dem Datum der Wahl der Konstituante einsetzend - die Landesversammlung bestand also einfach als Landtag weiter). Die erste tatsächliche Wahl erfolgte erst im folgenden Jahr (6.6.1920). „Auch 1919 meisterte man mit Leichtigkeit die neue Situation, nachdem man fast mitten im revolutionären Geschehen gestanden hatte“ (Steinwascher) – das revolutionäre Wilhelmshaven grenzte ja direkt ans Großherzogtum!

Die wichtigen konstitutionellen Ereignisse fanden alle innerhalb einer einzigen Woche statt: neue Verfassung, neuer Landtag, neue Regierung, denn die erste Regierung des Freistaats wurde schon am 21. Juni 1919 gewählt. In ihr fand sich noch immer, in personeller Kontinuität über die Umbrüche hinweg, ein ehemals großherzoglicher Minister wieder (der parteilose Otto Graepel, der schon dem nach Abdankung des Großherzogs gebildeten Landesdirektorium angehört hatte, das nun außer Funktion trat) – auch dies Zeichen für die gemäßigte Form der Revolution in Oldenburg. Erster Ministerpräsident einer Regierung aus Parteien der „Weimarer Koalition“ war der DDP-Politiker Theodor Tantzen, dem es bevorstand, auch 1945 nochmals kurzzeitig Ministerpräsident eines wieder auflebenden Landes Oldenburg zu werden.

 
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