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Aus den Magazinen des Landesarchivs (März 2019)
Eingriff Heinrichs des Jüngeren in die Hildesheimer Stiftsfehde am 1. Juni 1519 (NLA WO, 40 Slg Nr. 9)
Anfang des 16. Jahrhunderts erschütterte mit der Hildesheimer Stiftsfehde eine militärische Auseinandersetzung das östliche Niedersachsen, die als letzte mittelalterliche Fehde in Deutschland gilt und die zu weitreichenden territorialen Veränderungen in der Region führen sollte. Auslöser waren Streitigkeiten um eingelöste, an den Adel verpfändete Schlösser zwischen Teilen des Hildesheimer Stiftsadels und dem Hildesheimer Bischof Johann IV., in die aber bald auf beiden Seiten auswärtige Landesherren eingriffen, wobei die welfischen Herzöge von Braunschweig-Lüneburg beiden Lagern angehörten: Heinrich der Mittlere (Celler Linie) kam mit mehreren Grafen Johann IV. zu Hilfe, während Erich I. (Calenberger Linie), Heinrich der Jüngere (Wolfenbütteler Linie) und Bischof Franz von Minden als Bruder des Letzteren die Adelsopposition unterstützten.
Im Frühjahr 1519 eskalierte der Konflikt, die verfeindeten Parteien mobilisierten ihre Truppen, die plündernd und brandschatzend in den mindischen, calenbergischen und hildesheimischen Gebieten wüteten. Erst am 1. Juni 1519 griff Heinrich der Jüngere in die Fehde mit Waffengewalt ein: In einem gedruckten Ausschreiben beklagte er die Verstöße seines Vetters Heinrich des Mittleren gegen den Ewigen Landfrieden und dessen vorangegangenen „hinterlistigen practiken“ gegenüber seinen Verbündeten Erich und Franz, nämlich die Verwüstung des Hochstifts Minden und des Calenberger Landes. „Zur notwere gedrungen“ müsse er nunmehr selbst Heinrich die Fehde erklären.
Am 28. Juni 1519 kam es zur Schlacht bei Soltau, in der die Hildesheimer Koalition das gegnerische Aufgebot vernichtend schlug. Erich wurde gefangen genommen, Heinrich der Jüngere konnte nur knapp entkommen. Der Konflikt dauerte noch vier Jahre und wurde 1523 im Quedlinburger Rezess beendet. Dieser bedeutete eine völlige politische Niederlage des Hochstifts Hildesheim, das auf einen Rumpfstaat (Kleines Stift) zwischen Hildesheim und Peine reduziert wurde. Den überwiegenden Teil des ehemaligen Hochstiftes (Großes Stift) teilten Erich und Heinrich der Jüngere unter sich auf. Erst gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges 1643 erhielten die Hildesheimer Bischöfe das Große Stift weitgehend zurück.