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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Juli 2016)
Situationskarte vom Fort Wilhelm in Bremerhaven bis zur Dock. Batterie (NLA - Stade - Karten Neu Nr. 12148; Handzeichnung, o.A., Pergamentpapier, M 1:1900, 84x51 cm, 1850)
Heutzutage ist Bremerhaven in Deutschland unter anderem als der größte Auswandererhafen des 19. Jahrhunderts bekannt. Viele Familien in Deutschland haben mindestens einen Vorfahren, der über Bremerhaven in Amerika sein Glück gesucht hat. Doch genau dort, wo sich um 1900 mehrere hunderttausend Menschen pro Jahr einschifften und heute das Klimahaus und andere Museen zu finden sind, standen zu Beginn des 19. Jahrhunderts gerade einmal drei Häuser. Der Grundstein für Bremerhaven wurde am 11. Januar 1827 durch einen Vertrag zwischen der Freien Hansestadt Bremen und dem Königreich Hannover, der knapp 89 Hektar Weideland an Bremen übergab, gelegt. Ein wichtiger Initiator dieser Verhandlungen war der Bremer Bürgermeister Johann Smidt. Noch im selben Jahr begannen die Bauarbeiten am ersten Hafenbecken, die 1830 abgeschlossen wurden. Ein amerikanisches Segelschiff, das dabei unglücklicherweise auch auf Grund lief, lief als erstes im Hafen ein.
Die Karte vom August 1850 zeigt „Die Situation von Fort Wilhelm in Bremerhaven in Beziehung zu dem dortigen alten Hafen-Bassin und dem neu projectirten im Bau befindlichen Docke nebst den Weser-Deich-Linien“. Fort Wilhelm wurde 1827 vom Königreich Hannover in Auftrag gegeben um den neu gegründeten Hafenort zu schützen, auch wenn es dieser Aufgabe nie gerecht wurde. Bereits 1866, nur 16 Jahre nach Anfertigung der Karte, wurde es wieder aufgegeben und 1874 gänzlich abgerissen. Weiterhin lässt sich sehen, dass das neue Hafenbecken bereits fertiggestellt, aber noch nicht mit der Hafeneinfahrt und somit der Weser verbunden war. Auch wenn Bremerhaven als, wie der Name schon sagt, neuer Frachthafen für das durch die zunehmende Weserversandung von größeren Schiffen nicht mehr zu erreichende Bremen gegründet wurde, begannen schon kurz nach Fertigstellung des Hafens die ersten Auswanderer Bremerhaven anzusteuern. Schon 1847 war der Andrang so groß, dass das alte Hafenbecken nicht mehr alle Schiffe fassen konnte. Der Senat in Bremen beschloss daher den Bau eines weiteren Hafenbeckens das auf der Karte als „Neues Dock“ zu sehen ist. Dies stellte die erste von vielen Erweiterungen dar, um mit den steigenden Auswandererzahlen und dem Güterhandel mithalten zu können.
Die Karte stellt ein wichtiges Dokument über die frühen Anfänge Bremerhavens und die rasante Entwicklung des Ortes dar. Denn wo auf der Karte Hafen- und Verteidigungsanlagen zu sehen sind, war 23 Jahre zuvor nichts als Weidefläche. Es lässt sich gut erkennen, wie lukrativ die Auswanderung für Bremen, das die Investitionen tätigte, und den Ort waren. Gleichzeitig zeigt sich dadurch auch, wie viele Menschen in dieser Zeit ihre Heimat verlassenen wollten. Im Vergleich zu heute zeigt die Karte auch die starke Urbanisierung der Gegend. Die Grünflächen vor und hinter dem Deich sind inzwischen vollständig bebaut. Eine vergleichbare Karte von 1849 lässt sich auch im Buch „Brücke nach Übersee – Auswanderung über Bremerhaven 1830 – 1974“ finden.