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Aus den Magazinen des Landesarchivs (August 2011)

Johann von Opperhausens Mahnschrift und Gemälde gegen Dietrich von Klitzing wegen der geleisteten Bürgschaft für den Kurfürsten Joachim II. Hector zu Brandenburg wegen einer geliehenen Summe Gulden (1550) (Hauptstaatsarchiv Hannover, Celle Br. 20 Nr. 50)


HStA Hannover Celle Br. 20 Nr. 50  

In der frühen Neuzeit zogen die meist hoch verschuldeten Landesherren zur Aufnahme neuer Schulden in der Regel Bürgen – finanzstarke Städte, wohlhabende Adlige und Bürger – heran, die im Falle etwaiger Zahlungsunfähigkeit für sie eintreten sollten. Allerdings kam es häufig vor, dass sich die Bürgen ihrer Verpflichtung entzogen und die Rückerstattung der Schuld verweigerten.

In solchen Fällen stand dem Gläubiger eine gewohnheitsrechtlich verankerte Möglichkeit der Selbsthilfe zur Verfügung. Er konnte dem säumigen Bürgen einen mit einem sog. Schandgemälde versehenen Schmäh- oder Schandbrief zusenden. Darin wurde der Schuldner auf ehrenrührigste Weise des Eidbruchs und Betruges beschuldigt und ihm die öffentliche Verunglimpfung durch Aushang des Schandbildes an verschiedenen öffentlichen Plätzen (Pranger, Rathaus, Kirche) angedroht. Schandbriefe stellten so einen massiven Angriff auf die Ehre des Betroffenen dar, die in der frühen Neuzeit ein äußerst wertvolles soziales Kapital bildete. Noch in der 1. Hälfte des 16. Jahrhundert waren Schandbriefe ein wirksames Mittel zur Eintreibung von Schulden. In der zweiten Jahrhunderthälfte verlor diese Praxis der rechtlichen Selbsthilfe, die in den deutschen Territorien bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts nachweisbar ist, allmählich an Bedeutung. Seitdem wandten sich die Gläubiger zunehmend an die sich etablierenden landesherrlichen Obergerichte, um ihre Schuldforderungen durchzusetzen. Auch die betroffenen Schuldner beschritten nun häufiger den Rechtsweg, um ihrerseits die Urheber der Schmähschriften wegen Beleidigung zu verklagen.

Der dargestellte Schmähbrief des Gläubigers Johann von Opperhausen richtete sich gegen Dietrich von Klitzing. Dieser war als Bürge für eine Schuld des Kurfürsten Joachim II. Hector von Brandenburg in Höhe von 1500 Goldgulden eingetreten, die er jedoch nicht zurückzahlte. Das Schandgemälde zeigt den säumigen Bürgen in entehrender Pose unter dem Galgen rückwärts auf einer Sau, der er sein Siegel – in der Zeit das Hauptbeglaubigungsmittel – unter den Schwanz drückt. Ein beigefügtes niederdeutsches Schmähgedicht fasst den illustrierten Sachverhalt noch einmal in Worte.

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