Niedersachsen klar Logo

Museumsüberlieferung -- Im Schnittpunkt der Interessen von Museen, Archiven und der Forschung

Am 10. April 2019 fand eine Tagung zur Provenienzforschung in Hannover statt.


Bildrechte: NLA

Am Mittwoch, dem 10. April 2019, fand der erste internationale Tag der Provenienzforschung statt, an dem zahlreiche Kulturinstitutionen in Deutschland und im europäischen Ausland teilnahmen. Das Niedersächsische Landesarchiv beteiligte sich an diesem Aktionstag, der künftig einmal im Jahr durchgeführt werden wird, mit einer wissenschaftlichen Tagung, zu der das Niedersächsische Landesarchiv, das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste und die KLA (Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder) eingeladen hatten und die in den Räumlichkeiten des Landesarchivs in Hannover stattfand.

Das große Interesse, das dem Forschungsbereich Provenienzforschung in den Kulturinstitutionen entgegengebracht wird und die Relevanz dieses Themas für die Öffentlichkeit spiegelten sich in dem großen Zuspruch, den die Tagung in Hannover erfuhr. Die rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Archiven, Bibliotheken und Museen sowie aus Forschungseinrichtungen und der Verwaltung repräsentierten den großen Kreis derjenigen, die sich mit der Bereitstellung einschlägiger Quellen und der Erforschung der Herkunft von Sammlungen und Objekten beschäftigen.

Seit zwei Jahrzehnten befasst sich die Provenienzforschung intensiv mit der Klärung der Herkunft musealer Objekte und mit den Umständen ihrer Erwerbung in der Zeit des Nationalsozialismus, um so offene Fragen zum rechtmäßigen Besitz solcher Objekte zu beantworten. Einen weiteren Schub hat dieser Forschungszweig in jüngerer Zeit durch die Erweiterung um Fragen zur Herkunft des kolonialen Erben erfahren.

Die drei Sektionen der Tagung näherten sich dem Thema Provenienzforschung jeweils aus Sicht der Museen, der Archive sowie der Nutzer an. Die im Verlaufe der Tagung mehrfach diskutierten Kernfragen umriss Prof. Dr. Ulrike Höroldt (Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz) auch in ihrem einführenden Vortrag, als sie auf die oftmals erschwerte Übernahme schriftlicher Unterlagen von Museen und die mitunter unklare Abgrenzung der Zuständigkeiten hinwies. Hinzu kommt nicht selten eine erschwerte Zugänglichkeit zu den erforderlichen Informationen, ein für die Auswertung ungenügender Erschließungsgrad sowie bestandserhalterische Probleme.

Verschiedene Vorträge machten gleichwohl deutlich, dass in der Provenienzforschung bereits große Erfolge erzielt werden konnten, etwa durch die Einrichtung des Museumsarchivs der Staatlichen Museen zu Berlin, das der Provenienzforschung dienen kann und das Dr. Petra Winter vorstellte, die Nutzung hauseigener Archiv- und Bibliotheksbestände für die Provenienzforschung in Jever, die von Christiane Baier präsentiert wurde sowie eine 2017 zwischen Archiv und Staatlicher Gemäldesammlung geschlossene Verwaltungsvereinbarung, deren große Vorteile für die Provenienzforschung Dr. Markus Schmalzl hervorhob.

Die Komplexität musealer Überlieferung stellte PD Dr. Torsten Fried in seinem Vortrag heraus; so werfen Akten aus Museen auch ein Licht auf die Tätigkeit von Museumsmitarbeitern und lassen Rückschlüsse zu auf ganz andere gesellschaftliche Zusammenhänge wie beispielsweise Übersiedlung von DDR-Bürgern in den Westen. Dass bei der Überlieferungsbildung musealer Unterlagen auch digitale Daten zunehmend eine wichtige Rolle spielen, machte Prof. Dr. Christian Keitel in seinem Vortrag deutlich. Am Beispiel des Landesmuseums Württemberg stellte er eine gelungene Form des „Brückenbaus“ zwischen den Institutionen durch die Übernahme digitaler Daten in Zeitschnitten vor, die allen Beteiligten einen ausreichenden Zugriff gewähren und zugleich eine Verdichtung der Überlieferung ermöglichen. Dr. Peter Wiegand fasste die Vorteile einer Überlieferungsbildung in Archiven in seinem Beitrag zusammen und verwies auf die speziellen Kompetenten der Erschließung und Bereitstellung der Archive sowie die Möglichkeit einer Kontextualisierung, die auch Provienzforschern zugute kommt.

Die vielfältigen Möglichkeiten der Provenienzforschung, die bereits jetzt bestehen, aber auch die Hürden, die viele Forschende nach wie vor zu nehmen haben, präsentierten die Referentinnen der dritten Sektion.

Die Sektionsbeiträge und die sich daran anschließende Diskussion machten deutlich, dass trotz aller zu verzeichnender Erfolge und Fortschritte in der Provenienzforschung noch immer unterschiedliche Arbeitsweisen bei der Bestandsbildung und Erschließung, aber auch bestehender Ressourcenmangel die Bereitstellung und breite Erforschung einschlägiger Bestände erschweren. Umso wichtiger ist eine vertrauensvolle und kontinuierliche Zusammenarbeit aller beteiligten Institutionen.

Programm

9.00 Uhr Ankommen

9.30 Uhr Begrüßung
Dr. Sabine Graf, Niedersächsisches Landesarchiv
Dr. Uwe Hartmann, Deutsches Zentrum Kulturgutverluste
Dr. Udo Schäfer, Staatsarchiv Hamburg, Vorsitzender der KLA
Einführung in das Thema der Tagung ( Kurztext)
Prof. Dr. Ulrike Höroldt, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz

10.15-10.45 Uhr Kaffeepause

Sektion 1 Die Sicht der Museen
Das Museumsarchiv – Historisches Gedächtnis und Ort der Forschung

Dr. Petra Winter, Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz ( Kurztext) ( Präsentation )
Von Gutachten und einer versuchten Republikflucht – Akten im Staatlichen Museum Schwerin
PD Dr. Torsten Fried, Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern, Münzkabinett ( Kurztext)
Provenienzforschung mittels hauseigener Archiv-und Bibliotheksbestände – Vorteile und Herausforderungen für das Schlossmuseum Jever
Christiane Baier, Schlossmuseum Jever ( Kurztext)

12.15-13.15 Uhr Mittagspause

Sektion 2 Die Sicht der Archive
Archivierung der Unterlagen der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen – Modell einer gelungenen Kooperation zwischen Archiven und Museen

Dr. Markus Schmalzl, Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns
Vom Brückenbau. Übernahmen aus Museen durch das Landesarchiv Baden-Württemberg
Prof. Dr. Christian Keitel, Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Archivischer Grundsatz ( Präsentation)
Verschränkte Wurzeln, divergierende Interessen, gemeinsame Ziele – Staatliche Museumsüberlieferung im Sächsischen Staatsarchiv
Dr. Peter Wiegand, Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden ( Kurztext)

15.00-15.30 Uhr Kaffeepause

Sektion 3 Die Sicht der Nutzer
Beschlagnahmt, verkauft, versteigert – Jüdisches Kulturgut in den nichtstaatlichen Museen in Franken

Christine Bach M.A./Dr. Laura Scherr, Provenienzforschung an der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern in Kooperation mit der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns
Zwischen Registratur und Archiv. Erfahrungen einer Provenienzforscherin mit der Objektdokumentation
Beate Schreiber, Facts & Files ( Kurztext) ( Präsentation)
Archive, Museen und Provenienzforschung in Niedersachsen. Erfahrungen, Wünsche, Desiderate
Dr. Claudia Andratschke, Provenienzforschung am Landesmuseum Hannover/ Koordinierung des Netzwerks Provenienzforschung in Niedersachsen

17.00 Uhr Abschlussdiskussion

Museumstagung
Dr. Sabine Graf, Präsidentin des Niedersächsischen Landesarchivs
Museumstagung
Dr. Uwe Hartmann, Deutsches Zentrum Kulturgutverluste
Museumstagung
Dr. Udo Schäfer, Staatsarchiv Hamburg, Vorsitzender der KLA
Museumstagung
Prof. Dr. Ulrike Höroldt, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
Museumstagung
Dr. Petra Winter, Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Museumstagung
PD Dr. Torsten Fried, Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern, Münzkabinett
Museumstagung
Christiane Baier, Schlossmuseum Jever
Museumstagung
Dr. Markus Schmalzl, Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns
Museumstagung
Prof. Dr. Christian Keitel, Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Archivischer Grundsatz
Museumstagung
Dr. Peter Wiegand, Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden
Museumstagung
Christine Bach M.A., Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern
Museumstagung
Dr. Laura Scherr, Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns
Museumstagung
Beate Schreiber, Facts & Files
Museumstagung
Dr. Claudia Andratschke, Provenienzforschung am Landesmuseum Hannover/ Koordinierung des Netzwerks Provenienzforschung in Niedersachsen
zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln