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Tourismus unter Tage

 
NLA HA BaCl Hann. 84a Acc. 2017/703 Nr. 2: Johann Wolfgang von Goethe reiste hier inkognito und unterschrieb daher als Johann Wilhelm Weber.
NLA HA BaCl Hann. 84a Acc. 2017/703 Nr. 5: Arthur Schopenhauer

Im April 2021 ging die Sonderausstellung "Reisen in den Schoß der Mutter Erde – Montantourismus im Harz" in den Räumen des Museums und Besucherbergwerks Weltkulturerbe Rammelsberg an den Start. Ihr Thema sind die Montanreisen und die Reisenden im Gebiet der heutigen Welterberegion in Vergangenheit und Gegenwart. Als prominente Beispiele sind die insgesamt neun Fremdenbücher der Grube Dorothea zu nennen, die von 1753 bis zum Ende der Befahrungen im Jahr 1886 Eintragungen illustrer Montantouristen enthalten. Wir finden hier zahlreiche Geistesgrößen des 18. und 19. Jahrhunderts, Dichter, Ingenieure, Erfinder, Philosophen wie Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich Heine, James Watt, die Brüder Humboldt oder Arthur Schopenhauer, aber auch politische Entscheidungsträger wie Prinz Frederik Carl Christian von Dänemark, den späteren König Friedrich VII. (1848-1863), oder Frederick August, Herzog von York (1784-1827). Technisches bzw. wissenschaftliches Interesse und Abenteuerlust hielten sich dabei die Waage. Häufig geben die Einträge die Eindrücke ihrer Autoren von der Fahrt in die „Unterwelt“ recht anschaulich wieder.

Angelegt wurden diese Bücher eigentlich von Amts wegen, d. h. das Bergamt verlangte aus Sicherheitsgründen von jedem Besucher sich einzutragen, um im Unglücksfall zu wissen, wer sich gerade unter Tage befand. Denn die Befahrungen fanden parallel zum laufenden Betrieb statt. Archivisch werden die Fremdenbücher daher zur Gattung der Amtsbücher gezählt und im Bergarchiv Clausthal, einer Außenstelle der Abteilung Hannover des Niedersächsischen Landesarchivs, verwahrt (NLA HA BaCl Hann. 84a Acc. 2017/703 Nr. 1-9).

Dass wir heute diese zum Teil künstlerisch ausgestalteten Einträge betrachten und auswerten können, ist somit ein Nebeneffekt, entstanden aus dem Wunsch des Besuchers, dem Bergamt auf diese Weise für die Genehmigung und Organisation der Befahrung zu danken. Dass gerade die Fremdenbücher der Grube Dorothea, das Gästebuch des Tiefen Georg-Stollens (NLA HA BaCl Hann. 84a Nr. 10203), bis 1864 der längste und tiefste Wasserlösungsstollen im Oberharz, und das Besucherbuch der Rothehütte (NLA HA Dep. 150 Acc. 2019/705 Nr. 1) zu den Hauptexponaten der Ausstellung zählen, ist vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich. Das Niedersächsische Landesarchiv hat sie dem Weltkulturerbe Rammelsberg als Leihgabe zur Verfügung gestellt.

Noch bis zum 6. Februar sind die Fremdenbücher neben weiteren spannenden Exponaten zu sehen. Diese „Untertage-Gästebücher“ erregen Aufmerksamkeit. Sie faszinieren mit ihrer Authentizität und Unmittelbarkeit. Der Deutschlandfunk hat dazu einen Beitrag gebracht, gesendet am 16. Januar und hier nachzuhören.

NLA HA BaCl Hann. 84a Nr. 10203: Titelblatt 1
NLA HA BaCl Hann. 84a Nr. 10203: Titelblatt 2
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