Geschichte, die sich nicht wiederholen darf
Eine Facharbeit zur Reichspogromnacht in Leer und Aurich wurde mit dem diesjährigen Schülerpreis für ostfriesische Kultur und Geschichte ausgezeichnet.
Untersuchungsgegenstand der prämierten Seminararbeit war „Der 09. November 1938 in Ostfriesland – Ein Vergleich der Ereignisse in der Reichspogromnacht und mit deren Umgang in den Städten Leer und Aurich“. Dabei analysierte die Schülerin, inwieweit sich beim Täterkreis, dem zeitlichen Verlauf, dem individuellen Umgang mit Jüdinnen und Juden sowie dem Verhalten der Bevölkerung in den beiden ostfriesischen Städten Ähnlichkeiten oder Unterschiede ergaben – ein methodisch anspruchsvoller Ansatz, der – wie Landschaftsdirektor Dr. Matthias Stenger in seiner Laudatio betonte – „stringent und ausgewogen verfolgt“ wurde. Insbesondere die Vorschläge der Preisträgerin, sich für eine lebendige Erinnerungskultur einzusetzen – etwa durch die Errichtung einer Gedenkstätte auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge in Leer, um gerade junge Menschen für den erneut aufkommenden Antisemitismus zu sensibilisieren – wurden gewürdigt: „Hiermit beweist die Verfasserin neben der sicher beherrschten historisch-analytischen Methodik auch Empathie und gefestigte Moralvorstellungen“, erklärte Stenger.
In ihrer Dankesrede verdeutlichte Johanna Henrieke Brahms, dass es sich bei dem Pogrom am 9. November 1938 nicht um spontanen Volkszorn gehandelt habe. Die zeitgleichen Pogrome in Leer und Aurich belegten die zentrale Planung der Ereignisse. „Die Geschichte darf sich nicht wiederholen und es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass dies nicht geschieht“, forderte die Schülerin im Schlusssatz ihrer Seminararbeit.
An dem diesjährigen Wettbewerb hatten sich Schülerinnen und Schüler von fünf ostfriesischen Schulen beteiligt. Das Ubbo-Emmius-Gymnasium in Leer war allein mit elf Arbeiten vertreten, drei Bewerbungen kamen vom Gymnasium Ulricianum in Aurich und vom Niedersächsischen Internatsgymnasium Esens. Zudem lag je eine Facharbeit von Schülerinnen der IGS Aurich und der KGS Wiesmoor vor. Die thematische Bandbreite umfasste einen vielfältigen zeitlichen Horizont: von der Frühen Neuzeit über die napoleonische Epoche, die Jahre des Nationalsozialismus und die Nachkriegszeit bis in die aktuelle Gegenwart. In diesem Zusammenhang verwies der Leiter der NLA-Abteilung Aurich, Dr. Michael Hermann, auf den beim NIGE in Esens aktuell eingeschlagenen Weg, eine Schriftenreihe des Internatsgymnasiums zu begründen und in einem ersten Band sämtliche im dort veranstalteten Seminarfach „Ahnenforschung“ entstandenen Schülerarbeiten zu veröffentlichen.
Der diesjährige Siegerbeitrag ist wiederum online auf der Homepage der Landschaftsbibliothek abrufbar: https://bibliothek.ostfriesischelandschaft.de/wp-content/uploads/sites/3/dateiarchiv/11179/2024-Brahms-Reichsprogromnacht.pdf.
In diesem Jahr setzte sich die Jury zusammen aus Prof. Dr. Frauke Grittner, Marten Hagen, Axel Heinze, Dr. Michael Hermann, Inka Schoß-Frerichs, Dr. Matthias Stenger und Dr. Heiko Suhr. Das musikalische Rahmenprogramm gestaltete das Blockflötenensemble der Musikschule Aurich unter der Leitung von Rahel Bach-Tischer.