Niedersachsen klar Logo

Zwei Wiederbegründungen und ein Schließungsfall - Osnabrück als Universitätsstandort

(NLA OS Slg 2 Nr. B 20, 22, Nr. C 100, NLA OS Dep 103 Akz. 2018-67 Nr. 17)


Bildrechte: NLA
Siegel der Jesuitenuniversität Osnabrück (NLA OS Slg 2 Nr. C 100)
Bildrechte: NLA
Veranstaltungsverzeichnis der Universität Osnabrück aus dem Jahr 1976 (NLA OS Dep 103 Akz. 2018/67 Nr. 17)

Osnabrück ist eine relativ junge Universitätsstadt: Am 5. Dezember 1973 wurde das „Gesetz über die Organisation der Universitäten Oldenburg und Osnabrück“ veröffentlicht, im Sommersemester 1974 nahm die Reformuniversität ihren Lehrbetrieb auf.[1] Tatsächlich war Osnabrück aber bereits deutlich früher schon Standort einer Universität. Die Wurzeln dieser alten Universität reichen bis ins Jahr 1625 zurück.

Was hat es mit dieser alten Universität auf sich?[2] In den Städten Paderborn, Molsheim und Münster hatten die Jesuiten, eine katholische Ordensgemeinschaft, bereits Ende des 16. Jahrhunderts Fuß gefasst und die dortigen Domschulen übernommen. In Osnabrück, wo Ähnliches geplant war, blieb der Schritt aber bis in das 17. Jahrhundert ohne Erfolg, u.a. aufgrund der lutherischen Ausrichtung der damals amtierenden Bischöfe. Mit der Wahl Eitel Friederichs von Hohenzollern-Sigmaringen (Bischof von 1623 bis 1625) änderte sich jedoch die Ausgangslage: 1625, inmitten des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), wurde die alte Domschule der Hasestadt von den Jesuiten übernommen. Mit der Einrichtung von fünf Gymnasialklassen konnte im gleichen Jahr bereits das Fundament für die weitere Entwicklung gelegt werden.

Der vielversprechende Start wurde durch den Tod des Bischofs sowie den Einzug dänischer Truppen jäh unterbrochen. Der neue katholische Fürstbischof Franz Wilhelm von Wartenberg (Bischof von 1625 bis 1661) konnte aufgrund der Kriegswirren erst 1628 Besitz von seinem Bistum nehmen, so dass die Handlungsspielräume der Jesuiten zunächst eingeschränkt waren. Mit der Inbesitznahme des Bistums durch Wartenberg, der selbst jesuitisch gebildet war, konnten aber auch die Jesuiten wieder an Einfluss gewinnen: 1628 wurde unter Betreiben Wartenbergs ein Jesuitenkolleg sowie ein Priesterseminar gestiftet und ein Pastoral-Kurs eingerichtet, so dass die Ausbildung des geistlichen Nachwuchses in Osnabrück nun bei den Jesuiten gebündelt wurde – übrigens im Gegensatz zur Nachbarstadt Münster, wo die Zuständigkeiten zwischen Domkapitel und Jesuiten für Streitigkeiten sorgten und man sich wohl insgesamt verwundert die Augen rieb, ob des in Osnabrück vorgelegten Tempos.

Das Erreichte sollte in den Planungen Wartenbergs aber nur ein Zwischenschritt zu einer Universität sein, deren Gründung man vor Papst und Kaiser gut begründen musste. Im Zuge der Gründungsvorbereitungen wies Wartenberg in Rom deswegen darauf hin, die geplante Jesuitenuniversität würde auf einer „Academia collapsa“ fußen, es würde sich dabei also nicht um eine Neugründung, sondern um eine Wiederbegründung handeln. Angeblich sollen sich sogar „noch einige gebildete Greise“ an ihr Studium oder ihre Dozententätigkeit in dieser Einrichtung, die mit der Reformation eingegangen ist, erinnert haben, die Universität soll gar schon von Karl dem Großen gegründet worden sein. Urkundlich lässt sich das alles nicht nachweisen, jedoch war Wartenbergs Geschichtsklitterung oder zumindest -biegung mit einer Mixtur von Elementen, die sowohl dem Papst (Rekatholisierung mit Hilfe der Jesuiten) als auch dem Kaiser (Berufung auf Karl den Großen) gefallen mussten, von Erfolg gekrönt: Bereits im November 1629 lag das päpstliche Privileg und damit die Genehmigung der Gründung vor, die am 20. Februar 1630 auch durch Kaiser Ferdinand II. bestätigt wurde. Die Universität verfügte über eine philosophische und theologische Fakultät. Die tatsächliche Eröffnung der Osnabrücker Jesuitenuniversität fand aufgrund des Kriegsverlaufs dann aber erst im Spätjahr 1632 statt. Im Rahmen einer zehntägigen Feier wurde der erste Rektor Johannes Altingk in sein Amt eingeführt.[3]

Eine Ära konnte indes nicht begründet werden: Knapp ein Jahr später, am 11. September 1633, wurde die Universität im Anschluss an den Einzug der protestantischen schwedischen Truppen wieder geschlossen. Versuche die Einrichtung erneut zu öffnen blieben erfolglos. Erst in den 1970er Jahren wurde die heutige Universität Osnabrück gegründet oder – so lässt sich tatsächlich in den ersten Vorlesungsverzeichnissen lesen – „wiederbegründet“ – dieses Mal mit Verweis auf die alte Jesuitenuniversität.[4] Auch wenn in diesem Fall nun auf eine tatsächlich zeitweilig existierende Einrichtung referiert wurde, dürften für das Land Niedersachsen bei der Gründung der „linken“ Reformuniversität wohl eher politische, wirtschaftliche und Fragen der wissenschaftlichen Versorgung ausschlaggebend gewesen sein – und auch die Reminiszenz an die alte Jesuitenuniversität verschwand dann irgendwann von den Vorlesungsverzeichnissen der „neuen“ Universität.



[1] Thorsten Unger, Pädagogische Hochschule? Integrierte Gesamthochschule? Universität! Osnabrück wird Universitätsstadt, in: Reiner Wolf / Heiko Schulze (Hg.), Aufbruch und Krise. Osnabrück in den 70er Jahren, Oldenburg 2020, S. 29-39, hier: S. 33.

[2] Zum Folgenden Karl Hengst, Jesuiten an Universitäten und Jesuitenuniversitäten. Zur Geschichte der Universitäten in der Oberdeutschen und Rheinischen Provinz der Gesellschaft Jesu im Zeitalter der konfessionellen Auseinandersetzung, Paderborn / München / Wien / Zürich 1981, S. 266-284.

[3] Vgl. dazu auch Christian Riepe, Geschichte der Universität Osnabrück, Osnabrück 1965.

[4] NLA OS Dep 103 Akz. 2018/67 Nr. 17: Universität Osnabrück Veranstaltungsverzeichnis Sommersemester 1976, S. 6.

Bildrechte: NLA
Siegel der Theologischen Fakultät (NLA OS Slg 2 Nr. B 20)
Bildrechte: NLA
Siegel der Philosophischen Fakultät (NLA OS Slg 2 Nr. B 22)
zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln