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Von Steinhäusern und Burgen

Eine vom Niedersächsischen Landesarchiv mitgetragene wissenschaftliche Tagung in Aurich präsentiert die Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojektes


Bildrechte: NLA
Michael Hermann stellt Paul Weßels als Vortragenden vor.

Seit Oktober 2019 wurde am Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung in Wilhelmshaven (NIhK) ein von Pro*Niedersachsen gefördertes, auf drei Jahre ausgelegtes Forschungsprojekt „Manifestation der Macht – Burgen als Indiz gesellschaftlicher Transformationsprozesse im Niedersächsischen Küstenraum“ durchgeführt. Neben dem Archäologischen Dienst der Ostfriesischen Landschaft, dem Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen und der Fryske Akademy in Leeuwarden war die Abteilung Aurich des Niedersächsischen Landesarchivs von Anfang an einer der unterstützenden Projektpartner.

Um nach Abschluss des Projektes die Forschungsergebnisse vorzustellen und im interdisziplinären Rahmen zu diskutieren luden die Ostfriesische Landschaft, das NIhK und das Niedersächsische Landesarchiv für den 26. April 2023 zu einer wissenschaftlichen Tagung unter dem Titel „Manifestation der Macht – Burgenbau im friesischen Küstenraum“ nach Aurich ein. Mehr als 110 Teilnehmende sowie knapp 25 Interessierte, die digital zugeschaltet waren, verfolgten die sieben von niederländischen und deutschen Wissenschaftlern gehaltenen Vorträge.

In der ersten Sektion Archäologie / historische Geographie stellten Thorsten Becker, Sonja König und Stefan Krabath den mittelalterlichen Befestigungsbau an der Küste zwischen Ems und Weser vor. Sie konnten darauf verweisen, dass rund 420 Standorte von Befestigungen bzw. Steinhäusern auf Grund historisch-archivalischer Nennungen, archäologischen Untersuchungen und Funden in einer Fachdatenbank erfasst werden konnten. Diese Burgen finden sich vor allem im fruchtbaren Marschenland oder auf den Wurten, wobei unterschiedliche Siedlungsmuster im Osten und Westen der ostfriesischen Halbinsel erkennbar sind.

Dagegen übernahm es Diana Spickhous vom Fries Museum in Leeuwarden, den niederländischen Forschungsstand zu den Burgen zwischen Vlie und Ems darzulegen. Die hohe Anzahl an Burgen in Friesland führt sie darauf zurück, dass es keine Regulierungsvorgaben gab: jeder konnte entsprechend seinem Rang und seines Vermögens Burgen bauen, solange die Bevölkerung nicht dagegen protestierte.

Die Sektion Geschichte leitete André Köller mit einem Vortrag über die Entstehung des Häuptlingswesens in Ostfriesland ein, wobei er sich auch mit dem in der Region stark kolportierten Mythos der „Friesischen Freiheit“ beschäftigte, während Han Nijdam von der Fryske Akademy in Leeuwarden sich der Frage widmete, warum in altfriesischen Rechtstexten kaum Burgen erwähnt werden.

In einem weiteren historisch geprägten Abschnitt stellte Christopher Folkens von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster sein Forschungsprojekt „Meer | Deich | Mensch. Eine Umweltgeschichte der ostfriesischen Küstenregion am Übergang vom späten Mittelalter zur frühen Neuzeit“. Dagegen befasste sich die Leiterin des Schlossmuseums Jever, Antje Sander, mit den Häuptlingsburgen und dem dort stattfindenden höfischen Leben. Den Abschlussvortrag hielt Paul Weßels von der Ostfriesischen Landschaft, in dem er sich mit der Konstruktion des „Steinhauses“ als ostfriesischen Erinnerungsort auseinandersetzte.

Nach dem theoretischen Input der Tagung nutzten knapp 50 Teilnehmer:innen das Angebot, am Folgetag mit einer Exkursion ausgewählte Burgplätze in Ostfriesland, darunter die Osterburg in Groothusen und die Hardewykenburg in Leer, zu besichtigen.

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