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Ein archäologischer Fund als Neuzugang in der Abteilung Hannover

Das Bremer Siegeltypar aus Heiligenberg gibt Rätsel auf.


Bei Grabungen der Regionalgruppe Hannover des Nds. Landesamts für Denkmalpflege (NLD) wurde 2019 auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Heiligenberg im Landkreis Diepholz ein bemerkenswertes mittelalterliches Siegeltypar gefunden. Nach der ersten Begutachtung im Staatsarchiv Bremen und der Präsentation in einer Ausstellung in Köln wurde es 2022 unter Berufung auf das Schatzregal und in Anwendung des Nds. Archivgesetzes an das NLA abgegeben, wo es in der Abteilung Hannover in die Siegelstempelsammlung (S 20) als A Nr. 500 aufgenommen wurde (Abb. unten links). Der spitzovale Siegelstempel hat die Maße 40 x 25 x 3 mm und besitzt auf der Rückseite eine Öse (Abb. oben). Die vom NLD veranlasste Messung hat ergeben, dass es sich bei dem Material um eine Kupfer-Eisen-Legierung handelt.

In seiner Bedeutung rätselhaft bleibt das Siegelbild, das eine sog. Judensau zeigt: Eine knieende Figur mit Judenhut, die mit den Händen den linken Hinterlauf eines ihr in den Mund kotenden Schweins festhält. Die Umschrift weist den Bremer (Bürger oder Ministerialen) Jakob Pil, einen Christen, als Siegelführer aus, wie A. Lehnertz und M.J. Wenninger in einem Aufsatz im Bremischen Jahrbuch 100 (2021) näher untersuchen; sie datieren das Typar auf um 1240/50. Doch das Fundstück wirft mehr Fragen auf, als auch sie beantworten können: Wer war der Siegelführer? In welcher Funktion führte er das Siegel? Warum wurde das diffamierende Siegelbild gewählt?

Die öffentliche Ausstellung des Stücks soll als Dauerleihgabe im Kreismuseum Syke erfolgen, doch vor der Ausleihe sollten in der Zentralen Werkstatt in Pattensen Abdrücke (Abb. oben rechts) und Repliken hergestellt werden. Da dreidimensionale Reproduktionen in unserer Werkstatt sehr ungewöhnlich sind, wurde dafür folgende Vorgehensweise entwickelt:

Zuerst wurde das Original waagerecht ausgerichtet, indem es mit seiner Rückseite leicht in einen Block Knetmasse gedrückt wurde. Anschließend wurde es mit einem Ring aus starker Folie umgeben und flüssiges Silikonkautschuk aufgegossen. Nach dem Erstarren konnte das Silikon rückstandslos vom Original abgehoben werden: Ein detailgenauer Abdruck der Bildseite war entstanden. Auf die gleiche Weise wurde auch von der Rückseite ein Silikonabdruck genommen. In diesen wurde anschließend eine kleine Gießöffnung gebohrt.

Daraufhin wurde die Gießform hergestellt: Dazu wurde der Silikonabdruck der Bildseite erneut mit einem Folienring umschlossen, die Stärke des Original-Typars darüber markiert und der Silikonabdruck der Rückseite bis zu dieser Markierung in den Folienring geschoben (Abb. unten links). Der so entstandene Freiraum wurde mit Keramin ausgegossen. Nach einer Trocknungszeit von ca. 1,5 Stunden konnte der Folienring entfernt werden und beide Silikonabdrücke konnten abgehoben werden.

Von der so erhaltenen Keramin-Replik wurde anschließend vorsichtig der Materialüberschuss der Gießöffnung entfernt, ebenso wurden die Grate an den Seitenkanten leicht abgeschmirgelt. Zuletzt wurde das weiße Keramin mit einer Mischung aus Pigmenten und Graphitpulver farbig gefasst (Abb. unten ). So konnte das Original in Größe und Metalloptik nachempfunden werden, lediglich das geringere Gewicht verrät die Replik!

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