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1652 – ein Jahr im Leben des gehörlosen Malers Wolfgang Heimbach

Die Abteilung Oldenburg beteiligt sich mit 3 Archivalien an einer Sonderausstellung.


Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Oldenburg zeigt seit dem 21. Mai 2022 unter dem Titel „Wolfgang Heimbach. Ungehört“ eine bemerkenswerte Ausstellung: In der ersten umfassenden Retrospektive überhaupt werden das Werk, das Leben und die Lebensbedingungen (Gehörlosigkeit, Reisekünstler-Dasein) des aus dem Oldenburgischen stammenden gehörlosen Malers Wolfgang Heimbach (ca. 1613-1679) gewürdigt.

Heimbach lebte und arbeitete zur Zeit des berühmten Grafen Anton Günther von Oldenburg (1583-1667), dies jedoch nicht nur in Nordwestdeutschland, sondern auch in den Niederlanden, Italien, Österreich und Dänemark. Auftraggeber waren für Heimbach neben seinem Landesherrn z.B. König Friedrich III. in Dänemark, Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen in Münster, ein Vizekönig in Sizilien und sogar Papst Innocenz X.

Der „Stumme zur Ovelgönne“, wie er in einem Aktenstück im Landesarchiv genannt wird, war ein Sohn des gräflichen Frucht- und Kornschreibers beim Vorwerk Ovelgönne Wolf Heimbach und dessen namentlich nicht bekannter Ehefrau. Das Geburtsjahr ist nicht bekannt, wird heute aber auf ca. 1613 eingegrenzt. Graf Anton Günther förderte Heimbachs künstlerisches Talent wohl schon von früh an, so dass der junge Maler auch zur Vervollkommnung seiner Ausbildung in die Niederlande gehen konnte. Den Stil der ‚Niederländer‘ sowie Themen jener Zeit findet man in vielen Werken Heimbachs wieder, aber durchaus auch individuelle, teils innovative Gestaltungen. Immer wieder kehrte er auch in die Grafschaft Oldenburg zurück, wo er sich – z.B. 1636 bzw. 1652/53 – in Oldenburg oder auch in Ovelgönne, heute Landkreis Wesermarsch, für einige Zeit aufhielt.

Quellen zu Heimbachs Leben in Oldenburg sind rar. Immerhin lassen sich wenigstens ein paar Monate, die der Maler im Jahr 1652 im Dienst des Grafen von Oldenburg im Schloss in Oldenburg gearbeitet hat, gut dokumentieren. Das Landesarchiv – Abteilung Oldenburg beteiligt sich daher auf Wunsch des Landesmuseums mit drei Aktenausleihen aus dem Bestand „Gräfliches Archiv“ (Best. 20) an der Oldenburger Ausstellung.

 
 

Im kulturgeschichtlich wichtigen „Bestallungsbuch“ des Grafen Anton Günther für Hofbedienstete finden wir unter dem 5. Mai 1652 einen Eintrag über die versuchsweise Annahme des „stummen Mahlers“ Heimbach für ein halbes Jahr (seit dem 25. April) (Abbildung ganz oben). In dieser Zeit sollte er dem Grafen, „wie einem ehrlichen Diener gebühret“, aufwarten und dasjenige anfertigen, womit ihn sein Dienstherr beauftragte. Der halbjährliche Sold in Höhe von 200 Reichstalern sowie freie Wohnung im Schloss oder in der Stadt zeugen von seinem bereits erlangten Ansehen in der Kunstwelt der damaligen Zeit. Aus einem Protokoll vom 12. November 1652 über seine „gnädige Entlassung“, auf dem wir auch die autographen Unterschriften von „Wolffg. Gio: Heimbach Pittore“ und seines Vaters finden, erfahren wir die Titel von insgesamt 9 von ihm angefertigten Gemälden, die sich teilweise auch identifizieren lassen (Abbildung oben).

Eine besondere Rolle kommt dem hier als erstes genannten „Waschelstück“ zu. Expert:innen wie Dr. Michael Reinbold sind mittlerweile überzeugt, dass ein Gemälde, das den Maler in einer Kutsche bei einem Waschplatz mit Frauen zeigt, auf Oldenburg zu beziehen ist („Frauen beim Wäschewaschen“, heute dänischer Privatbesitz). Bisher wurde die Stadtsilhouette im Hintergrund des Bildes fälschlich mit Kopenhagen in Verbindung gebracht. Vermutlich das gleiche Gemälde war auch Gegenstand des in der dritten Leihgabe protokollierten Diebstahls eines Heimbach-Gemäldes aus dem Schloss in Oldenburg (18. September 1652) (Abbildung unten).

Der Katalog ist im Dresdner Sandstein-Verlag erschienen. Er enthält u.a. einen Beitrag über „Gehörlosigkeit in Kunst und Gesellschaft im 17. Jahrhundert“. Eine Multimedia-App ermöglicht einen virtuellen Besuch. Nun hält ein von Heimbach portraitierter feiner Herr nicht mehr frischverdiente Münzen in den Händen, sondern … ein Smartphone.

 
 
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