Vier Brüder – ein Schicksal: Eine Suche nach Antworten im Landesarchiv in Osnabrück
„Aenne und ihre Brüder“, so lautet der Titel einer sehr persönlich geschriebenen Familiengeschichte, die der Moderator und Liedermacher Reinhold Beckmann im August letzten Jahres publiziert hat. Das Buch avancierte zum Bestseller und gehört zu den meist verkauften Sachbücher der vergangenen Monate. Die Recherchen zu diesem Buch führten Beckmann u.a. zur Abteilung Osnabrück des Niedersächsischen Landesarchivs, die er anlässlich einer Lesung in Wellingholzhausen am 12. Februar 2024 auch persönlich besuchte.
Im Mittelpunkt des Buches steht Reinhold Beckmanns Mutter Aenne. Sie hatte vier Brüder: Franz, Hans, Alfons und Willi. Allerdings lernte Beckmann keinen seiner Onkel jemals kennen. Alle vier starben als Soldaten im Zweiten Weltkrieg, der Älteste mit 31, der Jüngste mit 17 Jahren. Beckmanns Großeltern wiederum starben an den Folgen des Ersten Weltkriegs. Aenne, Beckmanns Mutter, überlebte und wurde 98 Jahre alt. Im Gegensatz zu vielen anderen ihrer Generation sprach sie mit ihrem Sohn über ihre Erfahrungen und ihre Brüder, die als Bild, eine Fotomontage im Wohnzimmer der Familie immer präsent waren. Beckmann stellte seine Fragen und ließ ein Tonband laufen. Diese Gespräche und ein Schuhkarton voller Feldpostbriefe der gefallenen Brüder dienten dem 1956 geborenen Journalisten als Grundlage seines Buchs. Gleichzeit erzählt er darin auch vom Alltag im katholisch geprägten Dorf Wellingholzhausen bei Melle, westlich von Osnabrück. Er beschreibt diesen Dorfkosmos anhand der Dorfbewohner und ihrer Beziehungen zueinander und berichtet von der Rolle der Kirche im Nationalsozialismus und den Auswirkungen des Krieges auf den Ort. Die eigene Familiengeschichte wird so eindrucksvoll mit der Dorfgeschichte und historischen Kontextinformationen verwoben.
Für die Recherche nimmt Beckmann 2022 und 2023 unter anderem auch immer wieder Kontakt mit dem Landesarchiv in Osnabrück auf. Anna Philine Schöpper, als Archivarin des Landkreises Osnabrück auch zuständig für den im Landesarchiv verwahrten Archivbestand der Stadt Melle, ermittelt zahlreiche Dokumente wie u.a. Personenstands-, Versicherungs- und Meldeunterlagen, Vormundschafts- und Entnazifizierungsakten sowie Fotos und Unterlagen der politischen Polizei, die wichtig sind, um die Geschichte Aennes und ihrer Brüder, der Familie sowie des Dorflebens in Wellingholzhausen zu erzählen. Gemeinsam mit Archivleiter Dr. Thomas Brakmann freute sie sich über den gemeinsamen Austausch. Nicht nur das Verwahren, sondern eben auch das Erzählen macht Geschichte erst in Gänze wieder erlebbar.